Ludwig Bitter

Lud­wig Bit­ter war ein außer­ge­wöhn­li­cher Mensch. Er ent­wi­ckel­te offen­sicht­lich durch gesund­heit­li­che Ein­schrän­kun­gen neue Poten­tia­le. Blieb aber auch unstet. Mehr­fa­che Schul­wech­sel und Arbeit im Fami­li­en­ge­schäft brach­ten ihn zu dem Ent­schluss, Pries­ter wer­den zu wol­len. Die Grund­la­gen dazu woll­te er am Gym­na­si­um Dio­ny­sia­num in Rhei­ne erwer­ben, dort lern­te er alte und neue Spra­chen: Grie­chisch, Latei­nisch, Spa­nisch, Fran­zö­sisch. Kein unge­wöhn­li­cher Weg. Vie­len jun­gen Män­nern ermög­lich­te die­ser Weg über­haupt einen Hoch­schul­zu­gang. Statt Theo­lo­gie stu­dier­te er aber Publi­zis­tik und ver­wand­te Fächer. Er gehör­te zu den ers­ten Stu­den­ten Müns­ters, die Sla­wis­tik mit dem Schwer­punkt Rus­sisch stu­dier­ten. Spä­ter kam Eng­lisch hin­zu.

Der katho­li­sche Glau­be ebnet ihm den Weg zum Sozia­lis­mus und Pazi­fis­mus. Die Berg­pre­digt steht häu­fig damit in Ver­bin­dung. Poli­tisch bringt ihn das in die Nähe der SPD und der KPD. Der „Freie Sozia­lis­ti­sche Stu­den­ten­bund“ wird für ihn und ande­re, die er in der spä­te­ren Haft wie­der­trifft, Hei­mat zum Debat­tie­ren in Müns­ter. An der Uni­ver­si­tät Königs­berg meh­ren sich aber sei­ne Zwei­fel, ob der Weg rich­tig sei.

Inten­si­ve Stu­di­en sei­ner­seits ver­hin­dern, dass er sich in eine Par­tei­rä­son pres­sen lässt. Die Sta­li­ni­sie­rung der KPD und der Miss­brauch des Begriffs Sozia­lis­mus durch die Faschis­ten las­sen ihn wie­der in die katho­li­sche Kir­che zurück­keh­ren. Auf rea­ler und phi­lo­so­phi­scher Ebe­ne. Er lässt sich zum Mit­tel­schul­leh­rer aus­bil­den. Im Juli 1933 wird er aller­dings ver­haf­tet auf­grund sei­ner frü­he­ren poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten. Es fol­gen Haus­durch­su­chung in sei­ner Her­kunfts­fa­mi­lie in Ibben­bü­ren, Beschlag­nah­me ver­däch­ti­ger Mate­ria­li­en, Ver­hö­re. In der Haft­an­stalt in Reck­ling­hau­sen trifft er frü­he­re poli­ti­sche Beglei­ter wie­der. Hier wird gefol­tert. Auch schon mal mit Todes­fol­ge. Danach Ver­le­gung in das Zucht­haus Sieg­burg. Dann ins KZ Brau­wei­ler. Dann in das Ems­land­la­ger Neu­sus­trum. Im Novem­ber 1933 bewirkt sein Bru­der Hubert sei­ne Ent­las­sung.

Lud­wig darf aber sei­nen Leh­rer­be­ruf nicht aus­üben. Acht­mal zieht er um. Über­all über­wacht ihn die Gesta­po. Anschei­nend sind ihm auch eini­ge Ibben­bü­re­ner, denen er miss­lie­big ist, auf den Fer­sen. Im August 1938 fin­det er durch Ver­mitt­lung in Ham­burg-St. Georg Arbeit in einem Gemein­de­bü­ro. Und kann in der Kna­ben­schu­le doch als Leh­rer tätig sein.

1940 wird er zum Wehr­dienst ein­ge­zo­gen. Nach der Grund­aus­bil­dung wird er erst an der fran­zö­si­schen Kanal­küs­te ein­ge­setzt. Sei­ne Sprach­kennt­nis­se kom­men sei­nen mili­tä­ri­schen Vor­ge­setz­ten ent­ge­gen. Auch in der Sowjet­uni­on: 1942 wird er an die Ost­front geschickt. Dort stirbt er am 27. Sep­tem­ber 1942 im Laza­rett.

Für Lud­wig Bit­ter wur­de am 9. Novem­ber 2024 an der Adres­se Alte Nord­stra­ße 22 in Ibben­bü­ren ein Stol­per­stein ver­legt.